Am Freitag Abend füllte sich das Gemeinschaftshaus Oberharthausen randvoll mit Gästen. Ein Abend der Erinnerung stand auf dem Programm – ein Gedenken an den 65. Jahrestag der Bombardierung von Oberharthausen, ein miteinander Reden mit den Zeitzeugen von damals, die diesen Tag noch persönlich erlebt haben. Der Abend sollte auch aufschlussreiche Hintergrundinformationen über die Frage geben: Warum wurde Oberharthausen bombardiert?
Die Antworten dazu wurden von dem Buchautor aus Bogen, Herrn Helmut Erwert geliefert. Er ist ein ausgesprochener Fachmann in dieser Thematik, er recherchierte in den National Archives in Washington und hat zahlreiche Publikationen und Bücher dazu veröffentlicht. Er verstand es, die Leute mit seiner exakten Beschreibung eines Bomberangriffs, angefangen von der Planung bis zum Abwurf, zu fesseln. Mit Originalakten und Bildern aus den amerikanischen Archiven konnte man die minutiös geplanten Abläufe nachvollziehen. Im zweiten Teil seines Vortrages ging er auf die mögliche Herleitung der Bombardierung von Oberharthausen ein. Er analysierte den 5.2.1945 anhand der Bomberflüge in unserem Raum. Er zeigte auf, dass die 15. Air Force aus Italien an diesem Tag insgesamt 1189 Flugzeuge ins Feindesland schickte. 809 Flugzeuge waren nach Regensburg unterwegs, um ihr Hauptziel, den Ölhafen, zu bombardieren. Diese Flugzeuge waren 218 B17 Bomber („die sogenannten fliegenden Festungen“), 336 B24 Bomber, die „Liberator“ (Befreier) und 255 Jäger zum Schutz der Bomber. Anhand von Flugprotokollen der Piloten konnte er nachweisen, dass 99 Bomber abgeirrt waren, und dann Rosenheim und Salzburg bombardierten.
Es gab aber auch vier Bomber, die nach eigenen Angaben ein Gelegenheitsziel („target of opportunity“) bombardierten. Anhand der mitgeführten Anzahl der Bomben (4x18 Stück) und der Gegenprüfung der Anzahl der Bombeneinschläge im Raum Oberharthausen, könnten diese für unser Oberharthausener Schicksal verantwortlich sein. Die 461. Bombergruppe verlor an diesem Tag komplett den Anschluß, und durch einen Navigationsfehler (er verwechselte den Initialpunkt mit dem Ziel) wurde Straubing bombardiert und 44 Menschen verloren ihr Leben (ist nachzulesen in dem Buch von Helmut Erwert: Feuersturm, Zigarettenwährung und Demokratie)
Nach diesen erschütternden Zahlen kam der zweite Teil der Veranstaltung. Es wurde sehr ruhig im Saal, als Robert Schrock mit Bildern, Sterbebilder und Todesanzeigen der Getöteten gedachte. Drei Opfer waren damals zu beklagen. Einmal der 12jährige Ludwig Aigner von Grollhof, der Michael Gürster mit 64 Jahren und seine Tochter Ottilie Gürster mit 22 Jahren. Bilder vom zerstörten Hof zeigten dann das ganze Ausmaß der Zerstörung. Im Anschluß zeigte er eine selbst erstellte Fluganimation mit Google Earth über Oberharthausen, in der es den Anschein hatte, man fliege mit einem Bomber über das Dorf. Ganz deutlich waren die Bombenkrater zu sehen, weil Originalkarten der Amerikaner als Basis unterlegt wurden.
Herr Pfarrer Schmaißer hatte ja in seiner Orts-und Hofgeschichte von Oberharthausen bereits die Geschehnisse im Dorf zusammengestellt. Da er an diesem Abend leider nicht teilnehmen konnte, verlas der Robert Schrock diese Passagen aus seinem Buch und konnte so eine gelungene Überleitung zu der anschliessenden Diskussion finden.
Dazu wurde noch Kartenmaterial aufgelegt, in dem man sieht, wohin die Bomben örtlich gefallen sind, und wo man den Vergleich mit den Örtlichkeiten von heute hat. Dazu kamen jetzt viele Wortmeldungen von den Kindern von damals, also den Dorfältesten von heute. Da wurde manche Geschichte von Zeitzeugen (z.B. Danner Sepp, Schmaißer Hans, Zellmer Hubert, Stadler Wick, Schmid Hedwig..usw.) um das Geschehen und die ganzen Umstände von damals erzählt, die alle Zuhörer erschütterten.
Heute gar nicht mehr vorstellbar, aber diese Oberharthausener haben damals Furchtbares mitgemacht.
Zum Schluss der Veranstaltung, deren Einladung auch der Bürgmeister Bernhard Krempl gerne gefolgt war, bedankte sich Ortssprecher Uli Aigner bei Herrn Erwert für seinen wirklich interessanten Vortrag mit einem Essensgutschein. Weiterhin bedankte er sich bei Robert Schrock und Hein Sax für die Vorbereitung und Recherchen zu diesem Abend. Es folgten noch interessante Gespräche zu der Thematik bis weit in die Nacht.
Auch die Dorfgemeinschaft Oberharthausen möchte sich bei allen bedanken, die zum Gelingen dieses Abends beigetragen haben. Dieser Abend konnte viele Antworten geben, bei weitem aber nicht alle. Das große Interesse, auch von Auswärtigen, zeigt, dass nach 65 Jahren immer noch Diskussionsbedarf unter den Bürgern vorherrscht.
Für Oberharthausen wird dieser 5.2.1945 immer ein besonderer Tag bleiben.
Ein Tag der Trauer, ein Tag der Erinnerung, aber niemals des Vergessens.
Möge es der Einzige bleiben....
Bilder vom Abend
Zeitungsbericht von Elisabeth Ammer